DAT218 Recht auf informationellen Systemschutz (Monika Pfaffinger, Teil 1)
Shownotes
Weblinks:
- Website von Monika Pfaffinger mit vielen Informationen
- Profil von Monika Pfaffinger (LinkedIn)
- Monika Pfaffinger: Das Recht auf informationellen Systemschutz – Plädoyer für einen Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht (Nomos eLibrary)
- Art. 22 – Datenschutz-Folgenabschätzung (Onlinekommentar)
- 40 Jahre Volkszählungsurteil: Ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nur eine Illusion? (Steiger Legal)
- DAT204 Informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz Plaudereien)
Über die Datenschutz Plaudereien
Rechtsanwalt Martin Steiger und Andreas Von Gunten, Co-Gründer von Datenschutzpartner, plaudern über Aktuelles, Bemerkenswertes und Persönliches rund um den Datenschutz.
Impressum: https://www.datenschutzpartner.ch/impressum/
Transkript anzeigen
00:00:00: ♪ Musik ♪
00:00:06: Guten Tag, mein Name ist Martin Steiger.
00:00:10: Herzlich willkommen zu den Datenschutz-Plaudereien.
00:00:13: Heute einmal mehr mit einem Spezialgast, und zwar eine Premiere.
00:00:16: Mein heutiger Spezialgast ist Monika Pfaffinger.
00:00:19: Ich habe sie eingeladen, sie nimmt sich Zeit,
00:00:21: weil sie eine spannende Habilitation geschrieben hat
00:00:24: mit dem Titel «Recht auf informationellen Systemschutz.
00:00:26: Bleibt für einen Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht.»
00:00:29: Herzlich willkommen, Monika Pfaffinger.
00:00:32: Was sollte unser Publikum über Sie wissen?
00:00:35: Ich kann es schon vorwegnehmen, Sie haben eine umfangreiche Website,
00:00:37: wo man sich auch verlieren kann, mit sehr vielen Links und Informationen,
00:00:40: die ich bei der Vorbereitung gemerkt habe, auch ein LinkedIn-Profil.
00:00:43: Aber jetzt einfach zum Hören, was muss man über Sie wissen?
00:00:45: Guten Tag, Herr Steiger.
00:00:47: Grüezi miteinander, vielen Dank für die Einladung
00:00:49: und ich freue mich sehr, die Gelegenheit zu haben, zu diesem Gespräch zu haben.
00:00:52: Ich will Ihre schöne Eingangsfrage zeitgerichtet beantworten
00:00:55: und koordinieren.
00:00:56: Ich möchte nicht bei Adam und Eva anfangen
00:00:58: oder meinen Lebenslauf herunterraten.
00:01:00: Man muss also über mich wissen
00:01:02: oder vielleicht eher, was ist interessant über mich zu erfahren,
00:01:06: mit Blick auf das heute sehr interessante und bedeutsame Thema.
00:01:10: Das Kernanliegen von mir als Juristin war immer
00:01:13: der Schutz der Person in der Rechtsordnung und in der Gesellschaft.
00:01:17: Mich haben immer die besonders delikaten,
00:01:20: grundlegenden und schwierigen Angelegenheiten
00:01:22: besonders gelustet und gereizt.
00:01:24: Aktuell bin ich Vorsitzende
00:01:26: der Expertengruppe «Internationale Adoption»,
00:01:29: eingesetzt vom Bundesrat und vom Bundesamt für Justiz.
00:01:32: Mit dem Adoptionsrecht habe ich mich bereits
00:01:34: in meiner Doktorarbeit beschäftigt,
00:01:36: und zwar genauer mit informationsrechtlichen Fragen
00:01:39: im Familienkontext.
00:01:41: Und dies war zweimal mit Nachwuchsstipendien
00:01:43: gefördert von der Uni Zürich.
00:01:45: Sie trägt den Titel «Geheime und offene Formen der Adoption:
00:01:48: Wirkungen von Information und Kontakt
00:01:50: auf das Gleichgewicht im Adoptionsdreieck».
00:01:52: Die Erkenntnisse dieser These sind
00:01:54: ins Gesetz übertreibt worden,
00:01:56: und Sie sehen also, dass ich mich schon immer
00:01:58: mit informationsrechtlichen Herausforderungen beschäftigt habe.
00:02:01: 2022 erschien meine 800-seitige Habilitationsgeschrift
00:02:06: unter dem Titel «Das Recht auf informationellen Systemschutz:
00:02:09: Bladeway für einen Paralleltypenwechsel im Datenschutzrecht».
00:02:12: Darüber werden wir heute sprechen.
00:02:14: Und ich habe an der Uni Basel die Venialegende
00:02:16: für Privatrecht, Informationsrecht sowie
00:02:18: Recht und neue Technologien.
00:02:20: Das heisst auch, dass ich unterrichte,
00:02:22: mit vielen Fösschen an verschiedenen
00:02:24: Universitären und Hochschulinstitutionen,
00:02:26: zu denen ich in der Praxis erwerbstätig bin.
00:02:28: Und last but not least die Mutter einer Tochter.
00:02:31: Ja wunderbar.
00:02:32: Wie gesagt, ich empfehle wirklich,
00:02:34: einen Blick auf die Homepage zu werfen.
00:02:36: Ich verlinke euch den Show Notes.
00:02:38: Genauso übrigens die Habilitation.
00:02:40: Ich habe eine Freude festgestellt,
00:02:42: dass sie als echten Open Access erscheint.
00:02:44: Also die kann man unter der liberalsten
00:02:46: möglichen Creative Commons Lizenz abrufen.
00:02:48: Auch das verlinken wir.
00:02:50: Es ist vielleicht auch interessant, wenn jemand sagt,
00:02:52: ja, ich kann jetzt nicht alles lesen,
00:02:53: aber mal ein AI-Tool darüber laufen lassen,
00:02:55: dass ich mir die Fragen beantworte.
00:02:57: Ja, steigen wir doch gleich ein.
00:02:59: Sie haben den Titel auch gesagt:
00:03:01: «Informationeller Systemschutz»
00:03:03: oder «Das Recht auf informationellen Systemschutz».
00:03:05: Was ist das?
00:03:07: «Das Recht auf informationellen Systemschutz»
00:03:09: Also ich habe ein Plädoyer für den Paradigmenwechsel entwickelt.
00:03:11: Das war eine Ableitung.
00:03:13: Ich habe mich intensiv mit ganz vielen Quellen beschäftigt.
00:03:15: Mit Märchen, zum Einstehen,
00:03:17: mit Geheimhaltungspflichten im Mittelalter
00:03:19: und da eigentlich herausgearbeitet,
00:03:21: dass die Menschen, die sich in der Politik
00:03:23: verhalten, sich nicht mehr mit den Menschen
00:03:25: verhalten, sondern mit den Menschen,
00:03:27: die sich in der Politik verhalten.
00:03:29: Und ich habe mir gedacht,
00:03:31: das ist eine sehr wichtige Sache.
00:03:33: Und ich habe mir gedacht,
00:03:35: dass es im Datenschutzrecht
00:03:37: ganz und gar nicht so,
00:03:39: wie unser heutiges Konzept ist,
00:03:41: quasi der Schutz der Person und der Persönlichkeit,
00:03:43: der quasi vis-à-vis Daten,
00:03:45: wie so ein bisschen Objekte zugeordnet sind, geht,
00:03:47: sondern dass es um die Regelung
00:03:49: von Datenflüssen geht zwischen verschiedenen Kontexten.
00:03:51: Und das Recht auf informationellen Systemschutz
00:03:53: hat einen Vorschlag gemacht,
00:03:55: dass ich in meinen Augen klar
00:03:57: verschiedene Schutzdimensionen anerkennen sollte,
00:03:59: mehr Griffigkeit und Nachdruck verleihen kann.
00:04:01: dass ich in meinen Augen klar verschiedene Schutzdimensionen anerkennen sollte,
00:04:01: mehr Griffigkeit und Nachdruck verleihen kann.
00:04:03: Jetzt kann man sagen, wir haben ja das Datenschutzrecht.
00:04:05: Also in der Schweiz ist das Datenschutzgesetz
00:04:07: gerade revidiert worden, das DSG.
00:04:09: In Europa haben wir jetzt seit etwas mehr als
00:04:11: fünf Jahren die Datenschutzgrundverordnung DSGVO.
00:04:13: Dort ist ja sehr viel
00:04:15: hineingeflossen, politisch, wissenschaftlich.
00:04:17: Was ist denn das Problem?
00:04:19: Also wieso braucht es jetzt plötzlich
00:04:21: etwas Neues, einen Paradigmenwechsel?
00:04:23: Richtig, also schon,
00:04:24: das ist eine gute Frage.
00:04:26: Das Datenschutzrecht, und ich habe in meiner
00:04:28: Habilitationsschrift, die wirklich wissenschaftliche
00:04:30: Grundlagenforschung ist und auch nicht
00:04:32: geschäftsbezogen ist, mir erlaubt
00:04:34: einen ganzen Weitenblick
00:04:36: zu machen und einen tiefen Blick zu machen.
00:04:38: Es ist ein chronologischer Weiterblick.
00:04:40: Ich habe die Entwicklungen nachgezeichnet
00:04:42: und ich glaube, dass mit den jüngsten
00:04:44: Revisionen und Anpassungen wichtige
00:04:46: Schritte erfolgt sind.
00:04:48: Man löst den Datenschutz klar auf
00:04:50: diesem strikt persönlichkeitsrechtlichen
00:04:52: Ansatz.
00:04:54: Es ist eine Compliance aufgegangen worden.
00:04:56: Risikoerwägungen spielen eine Rolle.
00:04:58: Man beginnt
00:05:00: zu adressieren, dass das Konzept
00:05:02: des Persönlichkeitsrechts, das
00:05:04: für den Datenschutz im privaten Sektor gilt,
00:05:06: irgendwie einfach nicht gleich gut funktioniert.
00:05:08: Es ist nicht das gleiche, wie wenn Sie einen
00:05:10: Autounfall haben oder einen Ohrfeigen bekommen
00:05:12: oder eine Schimpfe angehängt bekommen.
00:05:14: Das ist so die Ausgangslage.
00:05:16: Wir haben da geforscht,
00:05:18: wir haben da sehr interessante Entwicklungen.
00:05:20: Es ist aber auch so, dass
00:05:22: man in all diesen Rechtstätigen
00:05:24: Texte, aber auch Urteile
00:05:26: und weitere Texte, wenn man sie
00:05:28: ein bisschen anders liest, aus einer anderen
00:05:30: Perspektive sieht, dass es eben
00:05:32: nicht nur um den Schutz der Person
00:05:34: geht und diese
00:05:36: neuen Erlass basieren sehr
00:05:38: weitgehend auf dem Konzept, dass man
00:05:40: den Schutz des einzelnen Individuums
00:05:42: ins Zentrum rückt.
00:05:44: Das Recht auf informationellen Systemschutz
00:05:46: sagt: Nein, der Datenschutz
00:05:48: muss auch die Integrität
00:05:50: der tragenden gesellschaftlichen
00:05:52: Kontexte, das ist der Begriff
00:05:53: des Systems, absichern und garantieren.
00:05:55: Deshalb versteht man vielleicht auch,
00:05:57: dass das Datenschutzrecht
00:05:59: sehr interessant und
00:06:01: ambivalent verhandelt wird.
00:06:03: Es gibt Leute, die sagen,
00:06:05: das war lange eine Mauerblume
00:06:07: in den Debatten und hat jetzt
00:06:09: riesige Lawinen bekommen.
00:06:11: Es gibt Leute, die sagen, die Leute
00:06:13: setzen sowieso ihre Einwilligungserklärung,
00:06:15: ihr Hörglä, ein, also ist
00:06:17: der Datenschutz nicht wichtig.
00:06:19: Das ist nicht richtig, das sieht man.
00:06:21: Es gibt empirische Studien darüber,
00:06:23: dass die Menschen sagen, nein,
00:06:25: mir ist der Datenschutz wichtig.
00:06:27: Wenn ich aber ein Buch kaufen will,
00:06:29: wie bei Amazon, dann will ich ein Buch kaufen.
00:06:31: Dann will ich keine 20-seitige Privacy-Erklärung
00:06:33: lesen und studieren und
00:06:35: nachher sowieso nicht verstehen,
00:06:37: an wer die Daten alles
00:06:39: distribuiert werden.
00:06:41: Die These dieses Buches ist,
00:06:43: dass das Datenschutzrecht über
00:06:45: den Schutz des Systems
00:06:47: in dieser pluralen Gesellschaft
00:06:49: effektiv leisten muss.
00:06:51: In das eingebettete
00:06:53: System, wo der Schutz
00:06:55: der Person stattfindet.
00:06:57: Die jüngsten Revisionen haben am Schluss
00:06:59: an den grundlegenden Anknüpfungen
00:07:01: nichts verändert.
00:07:03: Was die Revision betrifft, finde ich es interessant.
00:07:05: Ich habe gesehen im Online-Kommentar
00:07:07: zum neuen Datenschutzgesetz in der Schweiz,
00:07:09: in der Kommentierung von Artikel 22,
00:07:11: geht es um datenschutzfolgeabschätzige
00:07:13: Risikobeurteilungen, wie hat Ihre
00:07:15: Habilitation unter anderem zitiert.
00:07:17: Da ist mir aufgefallen,
00:07:19: unterstützen Sie den Kontext in diesem Fall?
00:07:21: Wenn man sagt, Systemschutz und
00:07:23: datenschutzfolgeabschätzige Risikobeurteilungen?
00:07:25: Unbedingt. Ich glaube, dass
00:07:27: der Risikoansatz, der Compliance-Ansatz,
00:07:29: dass die Unternehmer,
00:07:31: also die Unternehmerstaaten,
00:07:33: wer immer Personendaten verarbeitet,
00:07:35: in den primären
00:07:37: Pflichtstaaten den Datenschutz
00:07:39: einzuhalten und zu gewährleisten.
00:07:41: Vor 30, 40 Jahren war es
00:07:43: wirklich noch quasi, das Individuum
00:07:45: muss sich quasi verteidigen.
00:07:47: Das Persönlichkeitsrecht, oder ZGB 28,
00:07:49: das den Datenschutz ja anknüpft,
00:07:51: ist es defensiv-rechtlich
00:07:52: und denkt das Individualrecht.
00:07:54: In der heutigen Zeit mit diesen
00:07:56: grossen Tech-Giganten, wo alles
00:07:58: vernetzt ist, wo Daten gepoolt
00:08:00: werden etc., ist das
00:08:02: eigentlich, steht so ein
00:08:04: Konzept, ein wenig auf dem verlorenen
00:08:06: Posten. Das heisst, der Ansatz
00:08:08: von antizipierend
00:08:10: die Verantwortung bei den
00:08:12: Verarbeitenden
00:08:14: anzusiedeln, mit Risiko
00:08:16: zu arbeiten, ist glaube ich
00:08:18: eine ganz wichtige Etappe in
00:08:20: der Weiterentwicklung, die wir haben.
00:08:22: Ein Punkt ist mir vielleicht noch wichtig
00:08:24: zum Anfügen, und zwar
00:08:26: die Revision des DSG hat,
00:08:28: ich habe in meiner Habilitationsschrift
00:08:30: drei Strukturmerkmale herausgearbeitet:
00:08:32: Der Dualismus. Die Schweiz
00:08:34: unterscheidet den öffentlichen Bereich
00:08:36: vom privaten Bereich.
00:08:38: Zweitens das generaloklauselartige
00:08:40: Regime und drittens die
00:08:42: persönlichkeitsrechtliche Anknüpfung.
00:08:44: Und in der EU haben wir einen Monismus.
00:08:46: Das heisst, die haben gesagt, wir machen
00:08:48: eine Dachregelung, sowohl
00:08:50: für den staatlichen wie auch für die private
00:08:52: Sektor. Da sehen Sie,
00:08:54: der Gedanke des systembezogenen
00:08:56: Rechts ist
00:08:58: durchaus angeweht, aber
00:09:00: man hat das noch nicht genügend zur Kenntnis genommen.
00:09:02: Bei dieser Gelegenheit als Publikum ein Tipp,
00:09:04: wenn man das Ganze lesen möchte:
00:09:06: Ich empfehle, von hinten anzufangen.
00:09:08: Natürlich haben Sie eine Zusammenfassung gemacht.
00:09:10: Das habe ich mich gerade an das erinnert, was Sie gesagt haben,
00:09:12: weil es ist wirklich sehr gut dargestellt.
00:09:14: Man kann wirklich mal schauen, was ist welchem
00:09:16: Kapitel. Ich glaube, es gibt auch gewisse
00:09:18: Kapitel, die, ich sage jetzt,
00:09:20: mehr informativ als
00:09:21: matschentscheidend sind, eben auch so
00:09:23: historisch etc. Also ich empfehle,
00:09:25: dass man dort von hinten anfängt.
00:09:27: Aber weil jetzt nicht alle anfangen, zu lesen,
00:09:29: finde ich noch eine wichtige Frage:
00:09:31: Ist jetzt das Ganze auch eine Kritik
00:09:33: am Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
00:09:35: wie auch sehr auf die Einzelperson abzielt?
00:09:37: Oder wie positionieren Sie sich dort?
00:09:39: Ich möchte zum Recht auf
00:09:41: informationelle Selbstbestimmung etwas
00:09:43: vorausschicken, und zwar
00:09:45: meine Analyse des DSG
00:09:47: für den privaten Bereich führt
00:09:49: mich klar zum Schluss, dass die Schweiz kein
00:09:51: Recht auf informationelle Selbstbestimmung
00:09:53: verbürgt. Das Recht auf informationelle
00:09:55: Selbstbestimmung kommt vom Volkszählungsurteil,
00:09:57: vom Bundesverfassungsgericht,
00:09:59: und das ist konzeptionell ziemlich
00:10:01: anders aufgestellt, weil dort steht
00:10:03: am Anfang ein prinzipielles Verbot
00:10:05: von Personendatenbearbeitungen,
00:10:07: das durch Erlaubnisdatbestände
00:10:09: durchgebrochen werden kann, und dann
00:10:11: kommt die Einwilligung mit einer grossen Bedeutung.
00:10:13: In der Schweiz ist das Konzept für den
00:10:15: privaten Bereich anders. Wir haben
00:10:17: eine prinzipielle freie Bearbeitung,
00:10:19: die Möglichkeit,
00:10:21: die aber durch die grossen
00:10:23: Bearbeitungsgrundsätze beschränkt wird,
00:10:25: und das Datensubjekt hat nur
00:10:27: ein Widerspruchsrecht. Das ist ein ganz
00:10:29: anderes Konzept, das bei diesem Ausgangspunkt
00:10:31: Freiheit der Personendatenbearbeitung
00:10:33: im Grundsatz nahm,
00:10:35: oder Verbot. Und das war
00:10:37: unglücklich in meinen Augen in der
00:10:39: Schweizer Debatte, dass man
00:10:41: nicht genügend tiefe Auseinandersetzungen
00:10:43: gemacht hat mit dem, was
00:10:45: überhaupt das Recht ist, was es beinhaltet.
00:10:47: Ich glaube, es ist wichtig, dass wir
00:10:49: klar sind, was die
00:10:50: Rechtsrechte beinhalten.
00:10:52: Das ist die erste Kritik, die ich
00:10:54: klar anbringe. Ich taxiere
00:10:56: das Regime im Datenschutz
00:10:58: für den privaten Bereich als
00:11:00: Missbrauchsgesetzgebung. Sie müssen
00:11:02: die grossen Grundsätze, Treu und Glauben,
00:11:04: Verhältnismässigkeit etc. einhalten,
00:11:06: aber sie müssen nicht jedes Mal eine
00:11:08: Einwilligung einholen. Und da gibt es ganz
00:11:10: viel Irrglauben insofern.
00:11:12: Das ist eher eine Kritik an der Rezeption
00:11:14: von unserem Rechtsregime, von der
00:11:16: BV und vom DSG. Dann hat man
00:11:18: einfach das festgestellt, dass die
00:11:20: Selbstbestimmung, wenn wir sie
00:11:22: assoziieren mit dem Willen, mit
00:11:24: der Einwilligung, mit der informierten
00:11:26: Einwilligung, mit einer Verfügung,
00:11:28: einer Handlungsaktivität,
00:11:30: die funktioniert einfach in der Realität
00:11:32: nicht. Also weder die Informiertheit
00:11:34: funktioniert, noch die Freiwilligkeit
00:11:36: funktioniert. Sie sind eigentlich
00:11:38: gezwungen. Sie lesen seitenweise
00:11:40: Privacy-Erklärungen
00:11:42: und sie sagen einfach: «Ich will das Buch bestellen.»
00:11:44: Dann machen sie den Haken,
00:11:46: aber trotzdem möchten sie vielleicht nicht,
00:11:48: dass das hinten an x
00:11:50: andere Unternehmen
00:11:52: transferiert wird und für andere Zwecke
00:11:54: verarbeitet wird.
00:11:56: Sie können vielleicht akzeptieren, dass
00:11:58: der Online-Buchhändler das
00:12:00: verwertet, um ihnen schöne Buchempfehlungen
00:12:02: zu machen. Aber sie möchten nicht, dass
00:12:04: das zum Beispiel dann in
00:12:06: diverse weitere Kontexte transferiert
00:12:08: wird. Also es funktionieren viele
00:12:10: Konzepte und die informationelle Selbstbestimmung
00:12:12: das ist etwas, das nicht gut
00:12:14: funktioniert. Und es ist auch so ein bisschen
00:12:16: eine Massnahme, wo man festgestellt hat: Ich glaube,
00:12:18: der Mensch ist so oft auch so ein bisschen
00:12:20: ein Narrativ aufgehoben.
00:12:22: Der Mensch wird von der Maschine quasi
00:12:24: zum Objekt degeneriert
00:12:26: und dann emanzipiert man ihn
00:12:28: mit einer Selbstbestimmung, einer individuellen,
00:12:30: die aber einfach in der Realität so
00:12:32: nicht genügend griffig wird.
00:12:34: ♪ Musik ♪
Neuer Kommentar